Diskriminierung
Immigranten? Ausländer? Münchner?
Wie die meisten osteuropäischen Juden unterscheiden sich die Blechners
nicht von den anderen Bewohnern der Isarvorstadt. Markus und Mina sprechen
neben Deutsch auch Jiddisch und verstehen Polnisch. Für ihre Söhne
ist Deutsch die Muttersprache. Alle Familienmitglieder besitzen nach der
Gründung des polnischen Staates (1918) die polnische Staatsbürgerschaft.
In den Jahren vor 1933 verstärkt sich die antisemitische und ausländerfeindliche
Atmosphäre in Deutschland. Nicht nur die Blechners, sondern alle
jüdischen Münchner, vor allem jene mit einer nichtdeutschen
Staatsangehörigkeit, werden zunehmend diskriminiert und ausgegrenzt.
Einen vorläufigen Höhepunkt erreicht die Verfolgung Ende Oktober
1938 mit der Deportation polnisch-jüdischer Staatsangehöriger,
unter ihnen die Blechners, an die deutsch-polnische Grenze. Jakob, seine
Eltern und Frieda können zwar Anfang November wieder nach München
zurückkehren. Salo wird jedoch im Niemandsland zwischen Deutschland
und Polen interniert. Im August 1939 versuchen Mina, Markus und Salo Blechner
über die nahegelegene Schweiz auszureisen. Am 27. August erreichen
sie die Schweizer Grenzstation St.Margrethen. Die Reisepässe werden
ihnen abgenommen; sie werden auf den folgenden Tag vertröstet. Trotz
gültiger Reisepapiere wird ihnen die Ein- bzw. Durchreise aber nicht
bewilligt, so daß sie wieder nach München zurückkehren
müssen.
Nur wenige Tage nach ihrer Rückkehr in die leere Wohnung in der
Klenzestraße 65 wird die Inschutzhaftnahme polnischer
Juden angeordnet. Am 9. September 1939 verhaftet die Gestapo Markus Blechner
und läßt ihn in das KZ Buchenwald bringen. Salo Blechner kann
seiner Verhaftung nur knapp entgehen; er flüchtet nach Berlin, wo
er kurz darauf ebenfalls verhaftet wird.
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